Schon mal gehört? Das Doppelgesicht des Nein

In meiner Lutherbibel habe ich immer Ps.139,5 geschätzt „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir" als ein Wort der Geborgenheit und des Schutzes.

Gott umarmt mich, ich lasse mich in seine Arme hineinfallen. Gehalten, getragen, geschützt, geführt, geliebt.

Sehr überrascht war ich, als ich die Übersetzung des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber gelesen habe: „Hinten, vorn engst du mich ein, legst auf mich deine Faust.“ Hier stellten sich spontan anstelle von Geborgenheit Gefühle der Bedrohung, der Einengung oder der Ausweglosigkeit ein.

Beide Übersetzungen sind vom hebräischen Grundtext her legitim. Und beide Erfahrungen können wir machen, wenn jemand uns nahekommt, uns halten will: Geborgenheit oder Bedrohung. Geborgenheit, wenn wir dem anderen vertrauen. Bedrohung, wenn wir ihm misstrauen.

So ist es auch bei jedem Nein, bei jeder Grenzsetzungserfahrung, weshalb wir vom Doppelgesicht des Nein, bzw. der Grenze sprechen.